Die Relevanz der Irrelevanz
Heterarchische Ordnungen der Mimesis
Festsaal im Goethe-Nationalmuseum, Frauenplan 1, 99423 Weimar
23.03.2017 bis 25.03.2017
Vom 23. – 25. März 2017 richtet das Teilprojekt »Mimesis des bewegten Bildes« der DFG-Forschergruppe »Medien und Mimesis (FOR 1867)« seine Abschlusstagung »Die Relevanz der Irrelevanz oder: Heterarchische Ordnungen der Mimesis« im Festsaal des Goethe Nationalmuseums in Weimar aus. Die Tagung bildet den Abschluss der ersten Förderperiode des Teilprojekts und seiner Auseinandersetzung mit mimetischen Konzepten und ihren Dynamiken in bewegtbildlichen Kontexten.
Im Gegensatz zu einer traditionellen Mimesisforschung, die Unterscheidungen zwischen Vor- und Nachbild sowie zwischen Original und Kopie für unproblematisch hält, befragt das Teilprojekt die vermeintliche Eindeutigkeit solcher Unterscheidungen. Denn was mimetisch zählt und als relevant gilt, ist zumindest historisch und je nach Dispositiv und Situation variabel. Entsprechend sind mimetische Ordnungen selbst plastisch und ephemer und deshalb auf ihre je eigenen Ir/Relevanzsetzungen hin zu untersuchen.
Wie, wann und wodurch wird mimetische Ir/Relevanz medial und diskursiv erzeugt bzw. geltend gemacht? Welche ästhetischen und sonstigen Operationen sorgen für mimetische oder anti-mimetische Effekte? Und welche Kriterien und Funktionen wären ir/relevant für die Ab- und Eingrenzung einer spezifisch bewegtbildlichen Mimesis?
Zahllose Versuche sind historisch unternommen worden, das Relevante zu erkennen und vom Irrelevanten zu separieren, herauszufinden, was Vor- und Nachbild eigentlich trennt und damit die Ir/Relevanz und ihre Kriterien zu bestimmen. Doch nicht erst seit der Dekonstruktion und dem postmodernen Lob der Oberfläche, sondern spätestens mit dem Auftreten des bewegten Bildes ist deutlich geworden, dass derlei Versuche problematisch sind. Was beispielsweise für das eine Bild einer Bilderfolge gilt, vermag schon im nächsten entbehrlich zu sein. Was Ursache und was Wirkung ist, kann ins Irisieren geraten oder überhaupt nur im Nachhinein und in heuristischer Hinsicht unterscheidbar werden.
Im Schnittpunkt von (Medien-) Philosophie, Ästhetik, Literatur- und Kunstwissenschaften sowie Kulturtheorie widmet sich die Tagung diesen Problemen des Umschlagens vom Relevanten ins Irrelevante und zurück. Im Rahmen dessen werden exemplarisch konkrete Verdichtungsfiguren diskutiert, in denen jenes Wechselspiel materiell, technisch und operational – etwa filmisch – zur Darstellung gelangt.
Die Veranstaltung ist öffentlich und der Eintritt ist frei.
Programm:
DONNERSTAG, 23.03.2017
13:30 Christiane Voss/Lorenz Engell Begrüßung und Einführung
14:00 Lecture I Emmanuel Alloa, Universität St. Gallen Das Unscheinbare und das Unbedeutende. Zur Relevanz des Übersehenen
15:00 Lecture II Hannes Rickli, Zürcher Hochschule der Künste Kunst und Biologie: Irrelevante Operationen an zwei Beispielen
16:00 Pause
16:30 Lecture III Daniel Martin Feige, Akademie der Bildenden Künste Stuttgart Retroaktive Neuverhandlung. Zur Relevanz und Kontingenz in den Künsten anhand des Paradigmas musikalischer Improvisation
17:30 Lecture IV Isabell Otto, Universität Konstanz Throwback Thursday. Zur Ir-/Relevanz des Vergangenen in Sozialen Netzwerken
19:00 Abendessen
FREITAG, 24.03.2017
10:00 Lecture I Gertrud Koch, Freie Universität Berlin Doppeltes Spiel – Mimikry und Mimesis als perspektivische Strategie
11:00 Lecture II Vinzenz Hediger, Goethe-Universität Frankfurt Das unsichtbare Huhn
12:00 Mittagspause
14:00 Lecture III Christiane Voss, Bauhaus-Universität Weimar Zur Relevanz der Irrelevanz des McGuffins
15:00 Lecture IV Patrick Rupert-Kruse, Fachhochschule Kiel Das Kino der Zukunft? Immersive mediale Räume zwischen Simulation und Illusion
16:00 Pause
16:30 Lecture V Marie-Luise Angerer, Universität Potsdam Mimetische Wiederholungen oder vom Riß in der Wand – Tom McCarthy & Omer Fast: Remainder
17:30 Lecture VI Vincent Fröhlich, Philipps Universität Marburg Serielle Off-Time und zeitliche Schizophrenie. Die Relevanz nicht-erzählter Zeit in seriellen Werken
19:00 Conference Dinner
SAMSTAG, 25.03.2017
10:30 Lecture I Lorenz Engell, Bauhaus-Universität Weimar/IKKM Ir/relevant werden? Ereignis und Serie im Fernsehen und überhaupt
11:30 Lecture II Ulrich Richtmeyer, Universität Potsdam Wittgensteins Verzeichnungen – Zur Variabilität des Mimetischen im Modus des Nachzeichnens
12:30 Pause
13:00 Lecture III Lisa Åkervall, Trinity College Dublin Mimeis-en-abyme: Postkinematographische Imitation
14:00 Schlussbemerkungen
Kontakt:
Franziska Winter
Bauhaus-Universität Weimar
DFG-Forschergruppe Medien und Mimesis (FOR 1867)
Bauhausstraße 11
99425 Weimar
franziska.winter@nulluni-weimar.de
www.fg-mimesis.de
Hintergrund:
Das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Schweizerischen Nationalfonds (SNF) geförderte Kooperationsprojekt »Medien und Mimesis« hat zum 01. April 2014 an den Universitäten Weimar, Bochum, Frankfurt am Main, Basel und Zürich sowie an der Akademie der Bildenden Künste München seine Arbeit aufgenommen.
Die Forschergruppe untersucht die Kulturtechnik der Mimesis vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in der Medienforschung. Das Teilprojekt »Mimesis des bewegten Bildes« analysiert dabei mithilfe des Mimesisbegriffs Schlüsselpotenziale der zeitbasierten Medien Film und Fernsehen und schlägt eine theoretische Neuorientierung vor: Gemeinhin wird filmische Mimesis vertikal befragt, unter den Gesichtspunkten der Diegese, der Repräsentation und der Welterzeugung. Dagegen setzt dieses Forschungsvorhaben konsequent solche mimesisorientierten Modelle und Begriffe ein, die es erlauben, die horizontalen Binnen- und Bindungskräfte von Bewegtbildern zu beleuchten, namentlich deren Fähigkeit, mediale Zeitformen sui generis hervorzutreiben. Die Leiter des Teilprojekts sind Prof. Dr. Lorenz Engell (Bauhaus-Universität Weimar, Internationales Kolleg für Kulturtechnikforschung und Medienphilosophie) und Prof. Dr. Christiane Voss (Bauhaus-Universität Weimar, Fakultät Medien, Professur Philosophie audiovisueller Medien).