DGÄ

Revisited: Site-specificity in Recent Sculpture

Internationales Symposium

Situation Kunst (für Max Imdahl), Kunstsammlungen der Ruhr-Universität Bochum

26.02.2016 bis 27.02.2016

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KonferenzSKOrtsbezogenheit

 

Unsere Gegenwart erweist sich in vielfacher Hinsicht als zerrissen zwischen „Ortsflüchtigkeit und Ortsversessenheit“ (Waldenfels 2004). Herausforderungen der Globalisierung gehen einher mit Rückzügen ins Lokale, medien- und kommunikationstechnisch ermöglichte Entortungen treffen auf das Bedürfnis nach konkreten Verortungen. Vor diesem Hintergrund scheint eine kritische Auseinandersetzung mit ortsbezogenen Strategien in der Kunst seit den 1970er Jahren von besonderer Aktualität. Das Symposium gibt Anstöße zu Revisionen des erweiterten Spektrums künstlerischer Konzeptionen und Begriffsbildungen, die für die Realisierung, Rezeption und konservatorischen Notwendigkeiten von Kunst im Außenraum zentrale Perspektiven bilden.

 

Im Zentrum steht die Frage nach den spezifischen Bezugsverhältnissen einzelner Werke zu ihren Standorten. Welchen Änderungen und Neubewertungen unterliegen solche Bezugsverhältnisse im Laufe der Zeit? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den fluiden Strukturen der heutigen Lebenswelt für historische und zeitgenössische Konzeptionen von Kunst im Außenraum? Welche Rolle übernehmen Kunstwerke bei der Gestaltung von Öffentlichkeit angesichts des Schwindens öffentlicher Sphären in urbanen Räumen? Entstehen durch die Eigengesetzlichkeit künstlerischer Ortsbezüge oder einer „Situationsspezifik“ potenzielle „counter-environments“ (McLuhan), die jenseits der ökonomischen eine gesellschaftliche Relevanz durch die Schaffung von Erfahrungsräumen anderer Ordnung entfalten? Welche Herausforderungen stellen sich Institutionen und KünstlerInnen, wenn Dislozierungen von Kunstwerken im Zuge städtebaulicher, kulturpolitischer oder konservatorischer Veränderungen gefordert sind? Und wie wirken sich soziokulturelle Umbrüche, ökonomische oder institutionelle Interessenskonflikte auf die diskursiven Potenziale von Kunst im Außenraum aus?


Die einführende Sektion behandelt an ausgewählten Skulpturen von Richard Serra das Problem der Kontextualisierung von Werken, die in Folge von Dis- und Relozierungen ihrem ursprünglichen Standort entfremdet wurden. Die jeweils unterschiedlichen Vermittlungsprozesse zwischen künstlerischem Konzept, musealer und konservatorischer Praxis, urbanem Wandel, öffentlichem Diskurs und politischer Einflussnahme und nicht zuletzt auch Überlegungen zu den Möglichkeiten und Grenzen der Dokumentation dieser Prozesse bilden Kernpunkte der Diskussion.
Die Keynote-Lecture der amerikanischen Kunsthistorikerin Martha Buskirk geht den konstitutiven Verflechtungen zwischen Werk und Kontext nach. Aufbauend auf ihrer einschlägigen Forschung zu Transformationsprozessen künstlerischer Praktiken seit den 1960er Jahren beleuchtet sie die institutionellen und ökonomischen Rahmenbedingungen, die sowohl für die Entstehungszusammenhänge als auch für die Rezeption situativer, ephemerer oder performativer ortspezifischer Konzepte gegenwärtig prägend sind.

In der zweiten Sektion geht es um die theoretischen Bezugspunkte der seit den 1970er Jahren anhaltenden Debatte um Aspekte der Ortsspezifik von Kunst und um die seither zu beobachtende Vervielfältigung der künstlerischen Arbeitsweisen im öffentlichen Raum. In Erweiterung der politisch und ontologisch aufgefassten Ansätze einer site-specifity, die in den 1970er Jahren prominent vertreten war, hat sich unter dem Eindruck dynamisierter Ortsbezüge in einer sich tendenziell entortenden kulturellen Gegenwart der Begriff der „diskursiven Räume“ (Kwon) für das Zusammenspiel von Kunst und öffentlichen Räumen etabliert. Von hier aus richtet sich der Blick auf die Zukunft ortspezifischer Arbeitsweisen. In einer Zeit, in der angesichts ubiquitärer Vernetzungen mit einer Vielzahl entfernter Räume die Erfahrung physischer Präsenz und materialisierter Ortsbezüge keineswegs selbstverständlich erscheint, öffnen sich neue Perspektiven auf mediale, raumübergreifende Konzepte der Kunst im erweiterten Feld des öffentlichen (Außen-) Raums.